Internationale Spielwarenmesse Nürnberg 1971

Neuheiten H0 Deutschland

Die Internationale Spielwarenmesse Nürnberg fällt in diesem Jahr 2021 aus. Fast alle Hersteller teilen jedoch trotzdem zu diesem kommenden Wochenende ihre Neuheiten mit. Teilweise sind es erhebliche Mengen, hunderte Seiten Neuheitenkatalog bei großen Anbietern. Wie immer ist nicht alles neu, manches nur eine geringfügige Variation oder Widerauflage. Dennoch - der Markt lebt fast nur noch über das Neuheitengeschäft. Wie auch beim Vorbild wird das stabile "Standardprogramm" immer weniger Bedeutung haben.


Nach 1970 war auch 1971 ein in dieser Hinsicht "dünnes Jahr" für H0. Der Schwerpunkt der Neuheiten war klar bei der sich rasant entwickelnden Spur N zu finden. Auch größere Maßstäbe, tauchten wieder auf. Zudem setzte der Erfolg der elektrischen Autorennbahnen den Herstellern zu. Nur die Autorennbahn von MÄRKLIN erfuhr eine ausreichende Verbreitung, die Rennbahnen von FALLER (kompatibel mit H0-Eisenbahnen) und FLEISCHMANN hingegen waren kaum gefragt.

Das Bahn-Thema des Jahres: ET 420 - der Olympiatriebwagen und der zunehmende Containerverkehr

RÖWA 1971
RÖWA 1971

Wie immer, habe ich die Neuheitenliste der MIBA-Messe-Hefte durchforstet und zitiere hier in Form von kurzen, kommentierten Auszügen die für mein Interessengebiet H0, DB, Ep. III relevanten Neuheiten. Interessant war, dass die seit 1968 geltende "Computerbeschriftung" der Epoche IV nur sehr schleppend bei den Modellherstellern einzog.

Fleischmann H0:

preußische 3-Achs-Abteilwagen 1:85 - "gelungen" - nun,jein, sie lagen dann wie Blei bei Händlern und im Werk, wohl, weil sie doch eher eine Karikatur waren

2-achsiger Postwagen, leider auch 1:85, aber doch sehr gefragt, gut gestaltet und oft wieder aufgelegt

DB-Baureihe 50 (1:85) nun endlich mit kabinenlosem Tender als 051 - die erste FLEEISCHMANN-Dampflok mit "Computerbeschriftung". Zahlreiche Modellbahner hatten sich den Tender schon selbst umgebaut und auch die falschen Drehgestellblenden kritisiert (s. Günther). Mehr als 25 Jahre mussten sie noch auf ein besseres, maßstäblicheres Modell warten

Fleischmann 4177 Neuheit 1971
Fleischmann 4177 Neuheit 1971, Katalogauszug

Angekündigt wurde die E 103 in der noch zu erwartenden Serienausführung, als 103 118-6 in der damals noch als Regellackierung vermuteten Sonderlackierung. Daraus wurde nichts, die FLEISCHMANN 103 (1:85) kam in der sparsameren tatsächlichen Serienlackierung. In 2021, als 5 Jahre später, kommt dann doch noch (von ROCO) die 103 118-6...

2-achsiger Containertragwagen mit 20'-Binnencontainern, auch 1:85, aber neben RÖWA das damals beste Modell am Markt mit unerwartet feinen Details. Leider hat man die DB-Binnencotainer mit "FLEISCHMANN" bedruckt geliefert, ein Jammer, denn diese Container waren sehr gut gemacht, aber niemand wollte sie so haben.

Fleischmann Containertragwagen H0 1971
Fleischmann Containertragwagen H0 1971

Auf Nachahmer in besserer Manier warten wir heute noch, auch auf CONTRANS, HAPAG-LLOYD und SEALAND-Container der ersten Ausführungen, die auf Bahnstrecken in Deutschland damals aktuell anzutreffen waren. Ja, Dampflok mit Containern, das war damals bei der DB kein Widerspruch.

Eine Mallett-Dampflok der Baureihe 96 aus Messing zu einem beachtlich hohen Preis bot Fulgurex an - heute noch gesucht und hoch bezahlt.

Herr Günther erkennt zielsicher Marktlücken: Umbausatz 03 auf Basis GFN 01, korrekte Drehgestellblenden für GFN 50kab, Verkleidungsfüllstücke für Märklin 03.10 Stromlinie - mit dieses Teilen und Transkits finden viele Modellbauer zum Umbau und Teilselbstbau.

Bei Liliput ging damals was es, der Hersteller wurde in H0 _das_Messethema_: ÖBB K-Wagen, SBB WRmh, Rheingold-1928, maßstäbliche ÖBB K-Wagen, SBB WRmh, BRym und Büm (30,4cm)

Märklin reagiert auf horrende Second-Hand-Preise für die "TT800" und liefert aus Plastik und nur für Wechselstrom eine 86, was eine rege Rachfrage nach Umbauten für 2L-DC-auslöst. Erst über 25 Jahre später liefert FLEISCHMANN ein Konkurrenzprodukt. Zudem kommt auch hier 103 in Serienausführung, ziemlich genau 1/87, auch in HAMO - lange konkurrenzlos.

Merker&Fischer: württ. KL 2, bayer. BBII, GtL 4/4, T14 mit zu öffnender Rauchkammertür, bayer. Abteilwagen Bauart 1889. Alles hübsche Spezialfällt, nur die T14 mit ihren spektakulären Details war gut gefragt. Allerdings ebbte die Freude beim Zusammenbau jäh ab.

PIKO: DB 66 - sollte ein Devisenbringer sein. Der damalige Importeur Schreiber in Nürnberg brachte das aber nicht auf die Reihe. Eiernde Räder und der "Vorkriegs-Antrieb" senkten die Nachfrage schnell auf NULL.

Rivarossi: 98.0 "Kreuzspinne" in 1:82 - Große Freude bei der Ankündigung, mit 1:82 aber auffällig zu groß und deshalb wenig nachgefragt. Doch blieb RR noch länger bei diesem Maßstab und lieferte ein Bandbreite von 1:82 bis 1:90 (aus dem TRIX-Programm). Der Importeur..., ach, lassen wir das.

Mit RÖWA knallte Willy Ade den anderen so richtig was vor den Latz: ET 420, MPWi/MDyg, Containertragwagen und 20'- und 40'-Transcontainer in bisher unerlebter Detailarbeit aus hochwertigem Plastik. Dazu ein voll funktionsfähiger einem DB-Kran nachgebildeter Containerkran. Es hat nicht jeden Hersteller geweckt, aber zumindest bei FLEISCHMANN wurde man endlich wach! TRIX blieb zunächst im nach-Ade-Koma.

TRIX: Immer noch komatös wie eine Schildkröt (eine andere Marke des Eigentümers) nichts in H0, nur MINITRIX!

Beim Zubehör war ebenfalls nicht viel los:

Durchaus Zeichen setzen die feinen Formsignale von BRAWA

Die Antwort: Grobe Formsignale von Fleischmann

Ja, auch damals schon gab es Sound: Pacific Fast Mail über Fulgurex

In aller Hände und oft kopiert: Des Modellbahnbauers bester Freund, der M&F Bohrzwerg

Damals auch im Spielwarenladen "an der Ecke", zumindest an meiner war Ortwein: Die Alternative und Ergänzung zu FLEISCHMANN Modellgleis Shinohara-Modellgleis 1,8mm-Profil und große Weichen, zu groß für die kleinbürgerlichen Wohnungstypen

WIKING tritt dünn auf: Container-LKW, VW K70 und Audi 100, Mercedes C111

WIKING Neuheiten 1971
WIKING Neuheiten 1971




Modellgebäude:

Funktionsfähiger Containerkran von BRAWA, etwas grob nach einem Vorbild

Heljan Stadthäuser, erschreckend groß, weil fast maßstäblich

Kibri zeigt den württembergischen Bahnhof Dettingen, Haltepunkt Stuttgart-Rohr, das auffällige ESSO Motor Hotel Sindelfingen (einige Jahre später ein täglicher Anblick als Original für mich), Kirche Ramsau, Kiesaufbereitungsanlage, Butangaslager - alles Renner im Programm für viele Jahre und Jahrzehnte

Pola: moderne ESSO-Tankstelle, Feuerwehrhaus mit Trockenturm, Postamt, Gärtnerei

RÖWA: funktionsfähiger, modellgetreuer und maßstäblicher Containerkran, mit zwei Motorisierungsätzen ausbaubar, nur leider kaum verfügbar. Das Modell ist heute noch gesucht - und nicht gefunden.

VAU-PE: alte Fabrik oder Machinenhaus mit Schornstein