Bisher war der Henschel-Frontlenker-LKW der 50er Jahre in H0 nur als WEINERT-Metallguss-Bausatz in sehr feiner, maßstäblicher Ausführung erhältlich. In 2019 meint nun der Hersteller der WIKING- und SIKU-Modelle, den damals im SIKU-Programm erhältlichen Lastwagenklassiker auch in einem "H0-angenäherten" und "historischen" Maßstab anbieten zu müssen.
Nachdem im Mai der fotografisch gut dokumentierte Henschel-Sattelschlepper der Spedition Schulze, Berlin-Mariendorf in einer recht phantasievollen, dem Vorbild angelehnten Ausführung ausgeliefert und schnell vergriffen war, habe ich mir den Muldenkipper durch Vorbestellung gesichert.
Das Modell erscheint in der WIKING-typischen Machart der späten 60er Jahre. Der LKW besteht aus wenigen Teilen, die in mäßiger Detaillierung sehr glatt graviert sind. Die Form des Aufbaus ist nur mäßig getroffen. Vor allem fällt der deutlich zu flache obere Abschluß des Motorvorbaus, der unteren Fensterlinie und der viel zu breite Fenstersteg in der Front auf. Der Anstellwinkel zwischen den beiden Frontscheiben ist nicht getroffen. Die Proportionen zwischen Aufbau und Radkasten stimmen nicht. Der Zusatztritt zum Einstieg fehlt.
Scheibenwischer, Rückspiegel, eingesetzte Scheinwerfergläser und farblich bearbeitete Rücklichter sucht man vergebens - bei einem Listenpreis von 27 €.
Die Bedruckung ist, wo vorhanden, fein ausgeführt. Fahrwerk und Kippmulde sind hochmoderne Konstruktionen als "Universal-Teil" in 1:87 und damit, wie auch die neuen TRILEX-Räder, für das etwas zu kleine Fahrerhaus unproportional und in der Auswahl der nachgebildeten Bauart viel zu modern. Die Kippmechanik und Muldenanlenkung und -auflage sind sehr vereinfacht dargestellt.
Insgesamt ein "Traditionsmodell", dass für Sammler durchaus interessant ist und als Erinnerungsstück für meine Generation sicher seinen, ja, fast schon romantischen, Reiz hat. Als Ausstattungsstück für eine anspruchsvolle Modellbahnanlage reicht es nicht, denn das Modell hat selbst den Anschluß an z. B. den MAGIRUS 310D Kipper von Roco aus den 1990er Jahren nicht geschafft.
Ich habe mit WIKING in dieser Frage intensiv und bereits direkt nach der Modellankündigung korrespondiert. Man versteht sich da im Sinne der Tradition und so muss man dieses Modell so aufnehmen wie ein wieder aufgelegter MÄRKLIN-Blech-D-Zugwagen.
Schade ist, dass der Markt keinen Raum für die wirtschaftliche Platzierung eines besseren Modells hergibt. Damit ist die Chance vertan und kommt wohl nie wieder.
Völlig unverständlich ist, dass WIKING sowohl für den Sattelzug als auch für den Kipper im Formenfundus auf wenigsten proportional passende und beim Sattelzug sogar konstruktiv zum Vorbild passende Bauteile (Chassis und Räder!) verfügt - "Esso Supertanker" mit Henschel-Bimot-Chassis und der Muldenkipper des auch gerade wieder aufgelegten MAGIRUS Saturn der ersten Lieferausführung -, diese aber nicht nutzt.
Text und alle Fotos, soweit nicht abweichend vermerkt © Will Berghoff 2019
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