Eine bayerische Spezialität waren die leichten 4-Kuppler für Nebenbahnen. Sie wurden nicht nur von der Staatsbahn beschafft, sondern (u.a. auch in Varianten) von den nicht-staatlichen bayerischen Bahnen und stellen so eine Vorstufe zur Einheitslok (z. B. ELNA-Typen) dar. Nach etlichen Kleinserienversuchen brachte FLEISCHMANN mit der 98.8 ("GtL 4/4) den Stein ins Rollen - wenn auch mit Kompromissen und dem Steinzeitantrieb. Erstaunlicherweise widmet sich BRAWA nun der Nachfolgebauart Gtl 4/5 bzw. 98.10, obwohl sich die Umbautype DRG-98.11 besser bewährte und länger im Einsatz blieb.
Das Modell ist weitgehend maßhaltig und überwiegend aus Metall gefertigt. Die Detaillierung entspricht den Erwartungen, die man heute zu Recht an ein BRAWA-Modell dieser Preisklasse stellt. Selbst der Schmierpumpenantrieb auf der Heizer-Seite ist funktionsfähig.
Das Modell wird derzeit (2012) als digitalisierte Sound-Lok (ESU Loksound IV) und als analoges Modell mit 21-poliger MTC-Schnittstelle (Schnittstellentyp nirgendwo dokumentiert!) in zwei Ausführungen angeboten:
- DRG-Ausführung Ablieferzustand mit typischem langem Dampfdom
- DB-Ausführung mit rundem Dampfdom (98 1041, Z 26.04.1961 Regensburg)
Beide Ausführungen verfügen korrekt über 2-Licht-Spitzenbeleuchtung. Diese hat allerdings eine starken Grün-Stich und leuchtet viel zu hell. Der Einbau eines SEUTHE-Raucherzeugers Nr. 20 ist vorgesehen.
Ein Wort zur Qualität:
Es wurde bereits in den Foren angesprochen, dass die Streuung bei diesem Modell sehr groß ist. Ich weis nicht, ob ich ausschliesslichen an die gleichen Händler geraten bin und diese mir die gleichen Modell vorgelegt haben, aber es war wirklich nicht einfach, ein hinnehmbares Modell zu finden. Selbstverständlich habe ich Verständnis dafür, das sich Händler keine große Stückzahl auf Vorrat beschaffen, aber eine wirkliche Auswahl fand ich nirgendwo. So bin ich doch durchs Land gereist und habe jede Gelegenheit genutzt, die regionalen Händler aufzusuchen. Am Ende bekam ich ein Analog-Modell, dass mir zusagte.
Nachtrag Juni 2018: Inzwischen wurde die Lok abgestellt, da die Fertigungsqualität des Getriebes, der Treibstange und der Räder zu einem nur noch hoppelnden und zuckenden Lauf führt. Das Getriebe habe ich bereits einmal auf meine Kosten mit Ersatzteilen erneuert, auch der SB-Antrieb wurde in ein Ersatz-Getriebe gesetzt.
Problemzonen:
Die Verpackung ist augenscheinlich etwas mißraten. Die an sich formschlüssige Umschliessung, wie sie aus anderem Material auch FLEISCHMANN schon lange verwendet, erwies sich wohl als zu rauh. So hat man mit weissem Klebeband "Weichzonen" geschaffen. In der Folge scheuert es dort, insbesonder am Dachaufsatz und Lackschäden sind unvermeidlich. Setzt man das Modell nicht korrekt ein, wird zudem das Fahrwerk verbogen. Zudem scheinen manche grobmotorischen Händler und deren Mitarbeiter bei der Vorführung recht roh damit umzugehen. Mir wurden mehrere, offensichtlich beschädigte Modelle angeboten, deren Schäden kaum glaubhaft die Qualitätssicherung von BRAWA passiert haben können. Hier gilt es also aufzupassen. Von einem Online-Kauf rate ich deshalb ab.
Zudem ist das Modell schon aufgrund der Detaillierung besonders griffempfindlich - die Griffstangen am Führerstand und Kohlenkasten sowie die diversen Anbauteile am Fahrwerk sind zwar elastisch, aber doch verformbar. Bei allen Modellen war zudem mindestens ein vorderer Pufferbohlenauftritt verbogen. Das lässt sich mit Gefühl richten.
Das Fahrwerk ist technisch aufwändig als Wipplagerfahrwerk konstruiert und gewährleistet so eine optimale Stromabnahme von allen Rädern. Leider wird dadurch der Nachläufer etwas zu stark nach unten gedrückt und sorgt so für einen nicht Schienen-parallelen Aufbau. Das lässt sich ebenfalls vorsichtig justieren. Ich habe zudem den Eindruck, dass der Rundlauf der Räder nicht erreicht wurde.
Die Lok hat eine extrem geringe Höchstgeschwindigkeit - und das ist gut so, weil das auch ihr Problem beim Vorbild war. Sie lässt sich sehr feinfühlig, fast wie eine LENZ-Köf II, regeln. Leider aber ist der Antrieb nicht so sanft und leise. Der Motor wird offenbar im Turbinendrehzahlbereich betrieben und hört sich auch so an (ESU LokPilot4). Da kann wohl nur ein Motortausch helfen - und somit hier mein Hilferuf nach Olching! Auch das Ölen und Abschmieren (mit kleinster Menge!) half nicht. Ohne Dekoder als Analog-Lok über eine Digitalzentrale gesteuert ist die Lok nicht sinnvoll betreibbar.
Hinweis (17.12.2014): Motortausch nützt wenig, mit SB-Umbau und ESU LoPi4 heult die Lok weiter. Eine Umstellung des Dekoders auf auf PWM 40MHz hilft dann allerdings deutlich. Ein Video der umgebauten Lok auf dem Roso SmartRail-Laufstand: Brawa 98.10 auf SmartRail
Doch trotz der ungewöhnlichen Mühe, die die Beschaffung mir machte (gekauft bei Hesse in Hamburg - warum war ich da nicht gleich?), ist es ein wirklich gelungenes Stand-Modell und ich hoffe, dass BRAWA auch noch die GtL 4/5 Umbau, also die langlebige 98.11 bringen wird. Ja, ich bin mir fast sicher, denn meine Umbau-98.11 ist ja fast fertig.... (typisches Modellbauerschicksal!).
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